Ist Yoga einfach eine akrobatische Sportart aus Indien?

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Yoga, das unbekannte nicht ganz so neue Bewegungsthema in unserem westlichen Alltag. Was zeichnet es aus – die Körperhaltungen, die Asanas, das Meditieren im aufrechten Sitz mit gekreuzten Beinen und geschlossenen Augen, vegetarische Ernährung..?

Letztendlich tatsächlich all das. Und mehr. Oder auch (zunächst oder grundsätzlich) weniger.

Eine schöne Tatsache im Leben ist, dass wenn wir irgendwo mal etwas in Bewegung bringen, uns etwas widmen, lösen  wir ganz automatsch Bewegung in allen Facetten unseres Lebens aus. Alles hängt irgendwie zusammen. Das ist auch beim Yoga nicht anders. Auch hier hängt alles zusammen. Yoga beschreibt einen ganzheitlichen Lebensweg, der sich auf allen Ebenen abspielt. Ganz gleich, ob wir mit dem hübschen Buddha im Wohnzimmer, dem Wunsch unseren social media Kanal mit einem Kopfstandbild am Strand zu bereichern oder uns philosophischen Texten oder der Meditation zu widmen, starten, wir setzen uns in Bewegung, begeben uns auf den Weg.
B.K.S. Iyengar, einer der bekannten Wegbestreiter im Yoga sagte dazu: “Ist das Licht des Yoga einmal entfacht, erlischt es nie mehr”. Das ist eher ein Versprechen als eine Drohung ;)

Photo by Samuel Austin on Unsplash

Im Folgenden gehe ich auf Hatha Yoga, einer der traditionellen Yogawege, ein und beschreibe auch weitere Yogawege zur Orientierung.

Innerhalb der sechs orthodoxen Systeme indischer Philosophie bildet Hatha Yoga einen der wohl bekanntesten Yogawege. Mit dem Ziel der (Wieder-) Herstellung von Harmonie, Vereinigung und Ausgeglichenheit befreit von der Anhaftung an Begierden, wird die Befreiung von Leid und Sorgen angestrebt.

Mit Gleichmut und Hingabe erreicht der Yogi/die Yogin in den verschiedenen Versenkungsübungen einen gebändigten Geist, der nun zur Ruhe kommen – klarwerden kann und somit die Offenheit des Anfängergeistes im Hier und Jetzt (wieder-) erlangt. Der Hatha Yogaweg umfasst die körperorientierten Praktiken der Asanas (Körperstellungen), der Atemübungen (Pranayama), Tiefenentspannungstechniken sowie eine gesunde Lebensführung (u.a. im Bereich Ernährung, Miteinander und Selbstfürsorge). Dem zugrunde liegt als ein Schlüsselelement die Schulung in bewusster Wahrnehmung. Was viele heute auch wissenschaftlich fundiert als Anti-Stress Methode kennen, MBSR – mindfulness based stress reduction, also Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, wurde als vor mehr als 5000 Jahren bereits im indischen Raum entwickelt und bildet ein Kernelement des Yogaweges. Fokussierung, Hingabe, Akzeptanz, Konzentration, Körperwahrnehmung, der offene Blick nach Innen und daraus auch wieder freier nach außen. All das umfasst Yoga und bildet damit einen ganzheitliche Betrachtungsweise und damit eher einen Lebensstil eine Lebensführungsstruktur. In unsere tendenziell bewegungsarmen Zeit hat sich über die vergangenen Jahrzehnte der Asanaaspekt, also der Körperarbeitzentrierte Teil gerade im Westen weit verbreitet. Für mich neben Meditation eine tolle Ergänzung zu mehr Gleichgewicht in meinem Leben und für wen es passt eine schöne Einladung sich auch mit den weiteren bereichernden Aspekten des Yogaweges auseinanderzusetzen.

Pantanjali, von vielen als der Urvater des Yoga verstanden auch wenn die historischen Ursprünge des Yoga viele Jahrhunderte vor ihm zu finden sind, hat in den sogenannten Yoga-Sutras die Philosophie des Yogaweges zusammengestellt. Pantanjali beschreibt die Yoga Lebensweise in der Darstellung des achtgliedrigen Yogapfads, wie sie auch im Hathayoga vertreten wird.

Dazu gehören:

  • Erstens die Yamas als yogische Regeln für den Umgang mit der Welt. Diese umfassen Ahimsa (Gewaltfreiheit), Satya (Wahrhaftigkeit), Asteya (Nichtstehlen), Brahmacharya (Treue/Enthaltsamkeit) und Aparigraha (Nicht-Gier)
  • Zweitens die Niyamas als persönliche Disziplin, welche Saucha (Reinheit), Santosha (Zufriedenheit), Tapas (Askese), Swadhyaya (Selbststudium) und Ishvarapranidhana (Verehrung des Göttlichen/Universellen) ausmachen
  • Drittens die Asanas (Körperübungen), die in fünf Haltungsgruppen aufgeteilt werden können (Standhaltungen, Vorbeugen, Rückbeugen, Twists, Umkehrhaltungen)
  • Viertens die Übung von Pranayama (Atemübungen)
  • Fünftens das Praktizieren von Pratyahara (dem Rückzug der Sinne)
  • Sechstens dem Üben von Dharana (Konzentration und Fokussierung)
  • Siebtens dem Erreichen eines beruhigten Geistes in Dyana (Meditation)
  • Bis zur achten Stufe von Samadhi (Erleuchtung/keimlose Einung)

Neben dem jüngsten Weg des Hatha Yoga (etwa 800 Jahre alt) gibt es weitere Yogawege:

Hierzu zählt etwa Kundaliniyoga, dem Yoga der Energie, welches sich dem Erwachen der Kundalini-Energie durch den fokussierten Bezug auf die Chakras (Energiezentren) und Nadis (Energiekanäle) in der spirituell ausgerichteten Praxis richtet.

Raja Yoga, welches die Geisteskontrolle durch Meditation, Achtsamkeit, Selbstbeobachtung, Visualisierung und Affirmation anstrebt und das Ziel des Hatha Yoga bildet.

Den Weg des Jnana Yoga, der durch Studium des philosophischen Teils des Yogas den Weg durch Wissen bildet.

Bhakti Yoga, in dem sich durch den Weg der Hingabe und Liebe an Gott/das Universelle über Mantras, Rituale und Erzählungen das Herz öffnet und der der in Indien am weitesten verbreitete Yogaweg ist.

Sowie Karma Yoga, in dem durch die Tat als selbstlosen Dienst durch Barmherzigkeit, Demut, Liebe und Toleranz der Yogaweg beschritten wird.

Heute gibt es unzählige Varianten des modernen Körperzentrierten Yogas, von kraftvoll und schwungvoll (Jivamukti, Asthanga, Vinyasa, ..) über sogenanntes medizinisches Yoga, Yoga nach Elementen sortiert, Yogalates als eine Mischung aus Yoga und Pilates, Yoga zu bestimmten Lebensphasen (z.B. Schwangerenyoga) bis hin zu ruhigen Stilen (etwa YinYoga, restoratives Yoga). Für jeden Moment und jeden Geist, jede Lebenslage eine Möglichkeit sich auf den Weg zu begeben.
Meiner Erfahrung nach lohnt es sich, sich auszuprobieren und zu sehen was für sich ganz individuell passt.
Möchtest du mehr über die Philsophie und den ganzheitlichen Ansatz etwa durch die Schriften von Panajali erfahren, empfehle ich dir das Taschenbuch von Eckard Wolz-Gottwald mit dem Titel “Die Yoga-Sutras im Alltag leben” oder du liest hier immer mal in meinem Blog oder sprichst mich sehr gern direkt an.

Viele Wege führen nach Rom :) oder einfach weiter voran zurück zu uns selbst. Yoga als tiefe somatische Arbeit und Weg der Eröffnung von Techniken zur Selbstreflektion ist eine Möglichkeit einen bewussteren Weg zu wählen und zu gehen. In kleinen Schritten. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Genug der Sprüche und Worte :) Probiere dich aus. Probiere Yoga aus. Probiere etwas Neues aus. Lerne, wachse, erfahre. Und wenn du dabei eine Orientierung, Unterstützung wünscht, wäre es mir eine große Freude von dir zu hören :)

 

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