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Immer mal wieder bestätigt die derzeitige Wissenschaft was im Yoga seit Jahrtausenden gelehrt wird. Mich als aufgeklärten und auf rationales Denken ausgerichteten Genossen unseres Zeitgeistes fasziniert das immer sehr. Beide Welten zusammen zu denken empfinde ich als große Bereicherung.
Doch was haben Neuroplastizität und Yoga miteinander zu tun?
Eine gar nicht allzu alte wissenschaftliche Erkenntnis ist die lebenslange Anpassung, Strukturierung und letztendlich Wandel- und Lernkapazität des menschlichen Gehirns. Dein und mein Gehirn verändern sich, jetzt gerade, die ganze Zeit. Mit jeder bewusst oder unbewusst erlebten Erfahrung wandelt sich das Gehirn, neue Bahnen werden angelegt, Neuronen verknüpfen sich, Denkmuster entstehen, verstätigen sich, lösen sich.. unser Leben lang.
Das ist Natur oder das Wunder der Neuroplastizität.
Mit jeder Lebensentscheidung, im Kleinen wie im Großen, kannst du dein Gehirn modellieren. Wow. Ich finde das sehr inspierierend und bedenkenswert für die Einflüsse bzw. Einstellungen und Gedanken, denen wir uns alltäglich aussetzen.
So und Yoga?
Klar auch Yoga hat einen Einfluss auf unsere neuronalen Verknüpfungen. Und hier kommt eine Einflussrichtung, die mein Empfinden und Verständnis gerade auf ein neues Niveau gehoben hat. Warum ist Yoga zumindest zu einem guten Teil so anstrengend, unbequem, herausfordernd, gar stressig und warum geht es immer um den Atem?
Wie zum .. soll ich in dieser Haltung ruhig und stabil bleiben, tief atmen? Das habe ich mich nicht nur einmal gefragt. Warum tue ich mir das an und hoffentlich weiß der Lehrer was ich hier tue und meine was auch immer reißen nicht..
Neuroplastizität- wir setzen uns mit der Yogapraxis in einem sicheren, zumindest überschaubaren Rahmen Stress aus und üben uns darin genau dann die Ruhe zu bewahren, in uns zu spüren, einen tiefen Atem zu bewahren, wenn es richtig ungemütlich wird. Genau dadurch trainieren wir unsere Stressresilienz. Wir praktizieren Gelassenheit unter Stress.
Auf diese Wiese modellieren wir unser Gehirn dahingehend um, dass wir in hitzigen Situationen die Möglichkeit haben entspannter zu bleiben und unser Atem ist der Anker dafür.
Was für eine großartige Fähigkeit wir da kultivieren! Im Sturm des fünften einbeinigen herabschauenden Hundes, gefolgt von einer gefühlt ewig gehaltenen Taube, ruhig und stabil zu bleiben und unseren Atem rauschen zu lassen.
Daher die verschiedenen Varianten vieler Haltungen, damit wir auch nach langer Praxis noch die Herausforderung finden, die uns diese Gelassenheit unter angemessenem Einsatz üben lässt.
Für mein Verständnis als Schüler auf dem Yogaweg eine sehr selbstbefreiende Erkenntnis und für mich als Yogalehrerin eine wichtige Einsicht, jedem seine angemessene Herausforderung zu bieten und gleichzeitig eine lange und gesunde Übungspraxis durch anatomisch und selbsterkenntnisfördernde Anleitung zu gestalten.
Ich freue mich auf die nächste Yogapraxis auf beiden Seiten, es lebe die Neuroplastizität 🙂
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